„Make coffee great again“


„Make coffee great again“

Im Interview spricht „District Five“-Barista Tobias Stehle über den Wert von gutem Kaffee, die Ingolstädter Gastronomie und über große Pläne

Die Donaustraße ist an diesem Donnerstagmorgen wie ausgestorben. Nur vereinzelt laufen Passanten an den Schaufenstern der Geschäfte vorbei. Es ist Vatertag und traditionell wacht die Innenstadt an solchen Feiertagen erst später auf. Also hat Tobias Stehle, Barista im „District Five“, Zeit für ein entspanntes Interview im Café.

Es tut sich derzeit einiges hinter den Kulissen der Firma. Im Spätsommer steht der Umzug ins neue Ladengeschäft an, die Rösterei wechselt ihren Standort und zieht aus dem fünften Stadtbezirk ins Manchinger Gewerbegebiet. All diese Entwicklungen sollen auch einen Impuls auf die Ingolstädter Gastronomie haben.

 

Tobi, eure Firmengründung ist noch keine zwei Jahre her und trotzdem seid ihr in Ingolstadt schon längst eine Marke. Habt ihr mit diesem Erfolg gerechnet?

Nein, damit konnten wir nicht rechnen. Wir sind selber überrascht, dass alles so schnell ging. Mein Traum war schon immer, mal ein eigenes Café zu betreiben. Dass das nun Realität ist, heißt aber nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen.

Ihr habt einiges vor in nächster Zeit. Über den Umzug des Cafés wurde schon berichtet, auch die neue Rösterei in Manching soll bald fertig sein. Welche Ziele verfolgt ihr?

Unser Ziel ist schon immer, hochwertigen Kaffee salonfähig zu machen. Das heißt, dass wir den Menschen zeigen wollen, was richtig guter Kaffee eigentlich ist. Woher er kommt, wie er angebaut wird, wie er geröstet wird und wie er schmeckt. Man könnte sagen: „Make coffee great again“ (lacht).

Dieses Ziel verfolgt ihr nicht alleine. Ihr beliefert derzeit rund 15 Gastronomen aus Ingolstadt mit euren Röstungen. Baut ihr an einem kleinen Kaffee-Imperium?

Nein, das ist zu hoch gegriffen. Wir beliefern hier in der Innenstadt überwiegend junge Lokale mit Partnern, die unsere Ideale teilen. Das heißt: Leidenschaft und Professionalität für unser Produkt – all das verbunden mit unkomplizierter Lässigkeit. Aber eines stimmt: Es entsteht eine Szene hier in Ingolstadt, die für die Gastronomie allgemein beflügelnd sein kann.

Wie macht sich das bemerkbar?

Zunächst an der Zielgruppe. Wir beliefern Gastronomen, die Wert auf Qualität und Regionalität legen. Das sind nicht nur junge Menschen. Wir sprechen qualitätsbewusste Menschen an. Außerdem verstehen wir uns untereinander sehr gut. Wir merken, dass unter uns Gastronomen eine neue Gemeinschaft entsteht. Das wollen wir in Zukunft fördern mit gemeinsamen Aktionen wie wir sie im Kleinen schon machen. Dazu wollen wir einen Gastro-Stammtisch gründen, bei dem sich Ingolstädter Gastronomen regelmäßig zum Austausch treffen. Deshalb werden wir in nächster Zeit gezielt unsere Kollegen darauf ansprechen. Außerdem wollen wir im Juni alle Gastronomen zu uns ins Café einladen und ihnen unsere Arbeit ein bisschen näher bringen. Die Einladungen gehen noch rechtzeitig raus.

Wie kommen die Lokale mit eurem Kaffee zurecht? Es ist doch ein sehr anspruchsvolles Produkt.

Die Reaktionen von unseren Kunden sind sehr gut. Einige sagen sogar, seit sie unseren Kaffee im Angebot haben, verkaufen Sie mehr davon. Ich glaube schon, dass wir inzwischen eine Marke sind in Ingolstadt. Aber um die Frage zu beantworten: Natürlich ist die Zubereitung unseres Spezialitätenkaffees anspruchsvoll. Aber genau dafür sind wir ja da. Jeder gewerbliche Kunde, der unseren Kaffee bezieht, erhält von uns eine kostenlose Personal-Schulung. Da lernen die Mitarbeiter, die später unseren Kaffee zubereiten, wie das funktioniert. Vom Mahlgrad bis zum Milchschaum, das sind alles ganz wichtige Elemente, die man gelernt haben muss. Außerdem stellen wir für unsere Kunden die Mühlen ein und stehen auch so mit Rat und Tat zur Seite. Wir bieten also ein rundum-sorglos-Paket. Ich bin jede Woche unterwegs und besuche unsere gewerblichen Kunden und trinke einen Espresso oder einen Cappuccino. Und ich kann sagen: Die Leute machen das super.

Was ändert sich mit dem Umzug eurer Rösterei?

Wir haben in der neuen Rösterei viel mehr Platz als davor. Einen Teil davon nutzen wir, um ein Trainingszentrum einzurichten. Davon profitieren vor allem unsere gewerblichen Kunden. Denn wir können dann Schulungen anbieten, die an Professionalität kaum zu toppen sind. Dafür engagieren wir einen zertifizierten Trainer, der den Teilnehmern am Ende ein SCA-Zertifikat (SCAE: Speciality Coffee Association) ausstellen darf. Unsere Workshops für Anfänger und Hobby-Baristas behalten wir natürlich bei.

 

An dieser Stelle bricht das Gespräch ab. Ingolstadt wacht auf. Und es verlangt: Kaffee. Tobi Stehle muss jetzt Kaffee mahlen, Espresso brühen und Kunden bedienen. Gegen 10 Uhr kommt eine Männer-Gruppe in Tracht ins Café. Beim Zwischenstopp ihrer Radltour zum Vatertag wollen sie sich zur Stärkung noch einen Cappuccino gönnen, bevor es dann in den nächsten Biergarten geht. Und auch auf der Straße kehrt Leben ein. Die Jungs von District Five haben vor dem Café einen Stand aufgebaut, an dem sie Cold Brew verschenken. Der Arbeitstag beginnt.

Die letzte Frage an Tobi geht in der Geschäftigkeit des Lokals unter. Sie hätte gelautet, ob er sich Sorgen macht, dass die großen Pläne scheitern könnten. Für solche Gedanken hat der Barista jedoch gar keine Zeit.