Was macht David?
Vor fast zwei Monaten machte David Yilmaz sein Kurz-Praktikum bei „District Five“ und erhielt dafür große Aufmerksamkeit. Was ist seitdem geschehen?
Diesen Moment will David auch für sich persönlich festhalten. Als sich das Team der Ingolstädter Modeboutique Zenit für das Foto um den neuen Praktikanten positioniert, drückt dieser dem Fotografen sein Smartphone in die Hand, um einen eigenen Schnappschuss zu bekommen. Dann lächelt auch David sein strahlendes Foto-Lächeln.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass der 15-Jährige im Mittelpunkt steht. David Yilmaz ist (wir berichteten: http://district-five.de/inklusion/) mit dem Down-Syndrom auf die Welt gekommen. Von der Behinderung will sich David jedoch nicht den Weg in die Berufswelt verbauen lassen und schnuppert bei mehrtägigen Praktika in Ingolstädter Betrieben in unterschiedliche Branchen hinein. Dank des leidenschaftlichen Engagements von Mutter Nesrin Yilmaz haben sich bereits mehrere Unternehmer gefunden, die dem 15-Jährigen Einblicke in die Arbeitsabläufe ihrer Firmen gegeben haben.
Donaukurier und intv berichteten
Los ging’s Anfang März im Café von District Five in der Donaustraße (http://district-five.de/david/). Sein zweitägiger Einsatz vor und hinter der Kaffeetheke hat dem Jugendlichen so gut gefallen, dass er noch heute oft ins Café spaziert und sich wie ein Mitarbeiter hinter die Kaffeebar stellt. Über unseren Bericht wurden nicht nur zahlreiche Kunden auf Davids Schicksal aufmerksam, auch lokale Medien wie der Donaukurier und intv nahmen das Thema auf.
Eine Reaktion der Politik fehlt
Was ist seitdem passiert? Die Berichterstattung hat weit über Ingolstadt hinaus viele Unterstützungsbekundungen ausgelöst, sagt Mutter Nesrin Yilmaz. Andere Familien mit Down-Syndrom-Kindern hätten sich gemeldet, ebenso seien Unternehmen und Verbände auf sie zugekommen, um ihrem Sohn weitere Praktika zu ermöglichen. Dass auch andere Jugendliche mit Down-Syndrom von der Aufmerksamkeit profitieren und sogar die Politik sich des Themas annimmt, kann Nesrin Yilmaz bislang aber nicht erkennen. „Es ist schade, dass bis jetzt noch nichts passiert ist. Wir haben uns von der Aktion eine Signalwirkung erwartet.“ Yilmaz fordert nach wie vor eine modernere Art der Inklusion in der Wirtschaft. Dazu müsste der Staat jedoch Programme auflegen, die Ausbildungen von Behinderten in der freien Wirtschaft besser fördern. „Wir sind den Betrieben sehr dankbar, die David die Chance bieten, ein Praktikum zu machen. Aber sie können ja nicht die finanzielle Last tragen, die so eine betreute Ausbildung bedeuten würde.“
Das Bewusstsein für Inklusion stärken
Donnerstag, kurz nach elf. Gerade hat David Yilmaz einen grauen Pullover übergestreift. Er fühlt sich wohl in dem neuen Pulli, seine Augen strahlen. Auf der Brust ist in großen Buchstaben das Wort „Zenit“ aufgedruckt. Für drei Tage ist er Teil des Teams von Mariana Wille und Hansi Maunitsch. Die Inhaber des Modegeschäfts zeigen sich begeistert von ihrem Kurzzeit-Mitarbeiter. „David ist ein witziger Typ. Er bringt gute Laune in den Laden. Außerdem hilft er, wo er kann. Beim Zusammenlegen der Kleidung, beim Einräumen der Regale, beim Einpacken der Ware. Gestern haben wir sogar eine kaputte Lampe zusammen repariert“, sagt Hansi Maunitsch. Aber auch ein anderer Aspekt sei wichtig: Durch Davids Anwesenheit werde auch bei den Kunden das Bewusstsein für das Thema Inklusion geweckt. „Viele haben im Alltag keinen Kontakt zu dem Thema – auch wir nicht. Deshalb kann dieses Praktikum zum Nachdenken anregen“, erhofft sich der Geschäftsführer.

In der Woche vor Ostern war David einige Tage in der Druckerei von Martin Nadler und Günther Zacherl. In den Sommerferien will David in einer Gärtnerei mitarbeiten. Nesrin Yilmaz ist sehr dankbar für diese Chancen und das Engagement der Mittelständler. Diese Erfolge sind jedoch nicht das Ergebnis einer funktionierenden Inklusion. Viel mehr resultieren sie aus der zielstrebigen Eigeninitiative von Mutter Nesrin und den beteiligten Unternehmern. Als Gastronomin erfährt Nesrin Yilmaz große Unterstützung aus ihrem beruflichen und privaten Umfeld. Andere Familien haben dieses Privileg nicht. Damit die nötigen Strukturen geschaffen werden, um auch jungen Menschen mit Behinderung den Einstieg in den Beruf zu ermöglichen, will Nesrin Yilmaz weiterhin für ihren Sohn und andere Down-Syndrom-Kinder kämpfen.
An der Motivation mangelt es nicht. So hat David schon Ideen, wie er seinen ersten richtigen Arbeitslohn einmal investieren könnte: „Ein neuer Fernseher, ein neuer Computer…“ Die ganz normalen Wünsche eines besonderen Jugendlichen.
Auf dem Foto oben (von links): Hansi Maunitsch, David Yilmaz, Mariana Wille und Katharina Fischer. Fotos: Thomas Balbierer