Verboten gut
Ein Bier, das mit Kaffee gebraut wurde und nicht dem deutschen Reinheitsgebot entspricht. Kann das gut gehen? Yankee&Kraut und District Five haben es ausprobiert. Herausgekommen ist ein Bier, in dem die fruchtigen Aromen von Hopfen und Kaffee harmonieren
Das Bier, um das es in diesem Text geht, hat etwas Verwegenes an sich, fast was Verbotenes. Es wird womöglich die Ablehnung von so manchem traditionellen Brauer auf sich ziehen und ganz sicher viele erstaunte Blicke, wenn man verrät, was in ihm steckt. Das Bier, um das es hier geht, wurde in einem kleinen Örtchen namens Schwoich in den österreichischen Alpen bei Bierol (http://www.bierol.at/) gebraut. Für die Geschichte dieses Bieres ist das wichtig, denn in Deutschland hätte dieses Bier nicht gebraut werden dürfen. Denn es verstößt gegen das bayerische Reinheitsgebot von 1516. Denn außer Hopfen, Gerstmalz, Hefe und Wasser enthält dieses Bier auch: Kaffee.
Zwei junge Unternehmen mit hohen Ansprüchen
Ist das nun ein Skandal, dass sich gerade hier in Ingolstadt, der Heimat des reinen Bieres, zwei junge Unternehmen zusammentun, um ein Bier zu kreieren, das dem bayerischen Bier-Ideal nicht entspricht? Es sogar koffeiniert? Die Geschichte geht so: Mit dem Craftbeer-Hersteller „Yankee&Kraut“ und dem Spezialitätenkaffee-Röster „District Five“ haben sich zwei Ingolstädter Firmen zusammengetan, die in ihre jeweilige Disziplin mit hoher Qualität und großer Leidenschaft bestreiten. Beide Firmen sind jung und ambitioniert. Beide sprechen eine moderne, anspruchsvolle und konsumbewusste Zielgruppe an. Die Gemeinsamkeiten nahmen sie zum Anlass, um auch ein gemeinsames Projekt zu starten. Es heißt „Morning Glory“ passt in eine 0,33 Liter Flasche und hat 3,6 Prozent Alkoholanteil.
Fruchtsäuren des Kaffees kombiniert mit Hopfenfruchtigkeit
Seit wenigen Tagen ist das ganz spezielle Kaffeebier zu haben, aber nicht sehr lange. Insgesamt nur 850 Liter von „Morning Glory“ sind bisher gebraut worden, das entspricht rund 115 Kästen. Aber bereits die ersten Kostproben verliefen positiv. Das Craftbeer kommt gut an, vor allem wegen seines fruchtig-milden Geschmacks. „Es gibt ja schon viele Kaffeebiere am Markt“, sagt Max Senner, der mit seinem Kumpel Bryan France „Yankee&Kraut“ gegründet hat. „Die wurden aber alle mit dunklen Kaffeeröstungen gebraut. Wir haben die hellen Röstungen von District Five verwendet, die dem Bier die aromatischen Fruchtsäuren des Kaffees verleihen. In Kombination mit der Hopfenfruchtigkeit ergänzen sich Kaffee und Bier perfekt.“
Mit 3,6 Prozent Alkohol ist „Morning Glory“ ein leichtes, dennoch vollmundiges Bier mit einer anregenden Süße – unter anderem auch deshalb, weil im Bier auch Milchzucker vergoren wurde. Die „District Five“-Röstung El Morito aus Guatemala steuert feine Aromen von Waldbeeren und Zitrusnoten bei.
Zurück zum Reinheitsgebot: Ist das in Österreich gebraute Bier überhaupt guten Gewissens genießbar für einen bayerischen Lokalpatrioten? Am besten beantwortet diese Frage Max Senner, der „Bier-Enthusiast“ aus Oberstimm, dem man wahrlich keine Feindlichkeit guten Bieren gegenüber vorwerfen kann. Er beklagt, dass sich die Biere des Industrie-Giganten Anheuser-Busch InBev (weltweiter Marktanteil 2015: 22,2 %), zu dem unter anderem die Marken Löwenbräu, Franziskaner oder Beck’s gehören, im Geschmack immer ähnlicher werden und bald kaum mehr unterscheidbar seien. Das Reinheitsgebot wird nach Senners Meinung von den großen Bierkonzernen als „rechtliche Garantie“ genutzt, um „weiterhin billig Bier zu produzieren“. Deshalb zieht Senner dem bayerischen Billig-Bier – wenn’s sein muss – auch das österreichische Kaffeebier vor.